Katholische Kirche Ennetbaden #501
Katholische Kirche Ennetbaden Gesellschaft, Wohnen und Gesundheit 5408 Ennetbaden
Mit der Weihung der Ennetbadener Kirche St. Michael im Jahr 1966 ging ein jahrzehntelang gehegter Wunsch in Erfüllung. Dem Bau gingen nämlich 30 Jahre Diskussionen um Standort und Architektur voraus. Und nicht zuletzt standen auch die Bauarbeiten unter keinem glücklichen Stern. Am 12. August 1965 – mit einem Jahr Verspätung – konnte dann endlich Aufrichte gefeiert werden. Auf dem Holdener-Areal, dort, wo die Kirche heute effektiv steht.
Der Gottesdienst dauerte geschlagene dreieinhalb Stunden. Doch die Gläubigen in der bis auf den letzten Platz gefüllten Kirche verfolgten die Messe bis zum Schlusssegen mit feierlicher Miene. Erleichterung und gar Freude waren zu spüren, und das Hallelujah des Kirchenchores tönte wie ein «Gott sei Dank, es ist geschafft». Die geistlichen Würdenträger, die Kirchenfunktionäre und andere geladene Gäste schritten nach dem Jubelgottesdienst Richtung Turnhalle zum Festbankett. Die gewöhnlichen Schäfchen der katholischen Kirchgemeinde waren für den Abend – gleichfalls in der Turnhalle – zu einem heiteren Pfarreiabend geladen.
Tatsächlich ging an diesem 14. August 1966 eine lange und zuweilen mühselige Planungs- und Baugeschichte zu Ende: Ennetbaden hatte endlich seine neue Kirche. 30 Jahre hatten die Katholiken gekämpft und gestritten. Und nun war das Gotteshaus an diesem Sonntag unmittelbar vor dem damals noch arbeitsfreien Feiertag Mariä Himmelfahrt vom Bischof des Bistums Basel, Franziskus von Streng, geweiht worden – dem heiligen Erzengel Michael, der schon der Patron der kurz zuvor abgerissenen Kapelle unten an der Badstrasse gewesen war.
Ein jahrzehntelang gehegter Wunsch erfüllt sich nur langsam
Zwischen 1957 und 1963 war der Ennetbadener Kirchenneubau an den Kirchgemeindeversammlungen der Badener und Ennetbadener Katholiken (sie bilden zusammen eine Kirchengemeinde) ein Dauertraktandum gewesen. Seit den Dreissigerjahren hatte der Kirchenbauverein Geld gesammelt für einen Neubau, hatte Aktionen organisiert und rührig immer wieder die Werbetrommel für ein neues, grosses Gotteshaus für die Ennetbadener Katholiken geschlagen. Doch als das Vorhaben in den Fünfzigerjahren spruchreif schien, konnte sich die Kirchgemeinde nicht auf einen Standort einigen. Dies sollte noch eine Zeit lang so bleiben. Insgesamt fünf Areale hatte man ins Auge gefasst: zwei unten im Dorf (an der Schlösslistrasse und beim "Pfauen", dort, wo heute die Missione Cattolica Italiana ist), der weiter oben (bei der Trotte, beim Winzerhaus – am oberen Ende der Rössligasse – und auf dem Holdener-Areal, dort, wo die Kirche heute effektiv steht. Es gab eine starke Fraktion, die sich für einen Neubau bei der Trotte einsetzte, eine Gruppe, die eine Lösung beim «Pfauen» favorisierte, aber auch kämpferische Verfechter einer Holdener-Variante.
Die Auseinandersetzung um den Standort war – so sagt Jahre später der seinerzeitige Kirchenpflegepräsident Julius Binder – «im Grunde recht eigentlich ein Kirchenkrach». Um diesen Krach nicht ausufern zu lassen, beantragte Binder bei der Kirchgemeindeversammlung darum, die Frage des Standortes einer Spezialkommission anzuvertrauen. Diese kam zum Schluss, dass der Platz bei der Trotte – in den sogenannten Spitalreben – der beste sei. Allerdings: Würde die Badener Ortsbürgergemeinde, der das Land gehörte, dieses auch verkaufen? Also beantragte man bei der Kirchgemeindeversammlung, als Ersatzlösung das Pfauenareal unten im Dorf (zwischen Sonnenbergstrasse und Oberdorfstrasse) ins Auge zu fassen. Davon allerdings wollten die Kirchgemeindemitglieder nichts wissen. Sie beschlossen mit grossem Mehr, trotz der vorgebrachten Bedenken wegen des topografisch schwierigen Baugrundes, den Holdener-Platz (zwischen oberer Grendel- und Bachtalstrasse) an die zweite Stelle zu setzen. Dies hatte durchaus seine Logik: Man rechnete damals, Ende der Fünfzigerjahre, mit einem rasanten Bevölkerungswachstum und einer Ausdehnung der Gemeinde Richtung Höhtal. 8'000 Einwohnerinnen und Einwohner, wurde prognostiziert, würden Ende des Jahrhunderts in Ennetbaden leben. Der Platz unten an der Limmat schien unter diesen Vorzeichen an den Dorfrand zu geraten.
Die Ortsbürgergemeinde wollte das Land in den Spitalreben tatsächlich nicht verkaufen. So war klar: Die neue Kirche sollte auf das Holdener-Areal zu stehen kommen. 22 Architekturbüros wurden eingeladen, Vorschläge für einen Kirchenneubau auf diesem Gelände zu machen. Im Frühling 1961 konnte ein Preisgericht aus Fachleuten und Vertretern der Kirchgemeinde ein Siegerprojekt präsentieren. Zwar schluckten einige der Ennetbadener Katholiken zweimal leer, als sie erstmals ein Modell des massiven Betonbaus von Architekt Hermann Baur aus Basel sahen. Doch der Preisgerichtpräsident Hans Brütsch, Architekt aus Zug, und Kirchenpflegepräsident Julius Binder agierten geschickt und machten das Projekt mit feinfühliger Aufklärungsarbeit auch für skeptischere Kirchgemeindemitglieder zumindest akzeptierbar. «Das indirekte Licht im Schiff und die Lichtführung im Chor sind einzigartig schön», schwärmte Brütsch. Und mit Blick auf die Ennetbadener Katholiken, die die Stirne runzelten, fügte er an: «Wir sind überzeugt, dass wir diese Kirche lieb gewinnen können, weil sie architektonisch kühn, einzigartig und lebhaft sein wird.»
Zwar konnten Brütsch und Binder nicht alle Kirchgemeindemitglieder mit ihrer Begeisterung anstecken. «Der Turm», ärgerte sich ein Kirchgemeindemitglied an der Kirchgemeindeversammlung im Juni 1961, als es um den definitiven Baukredit ging, «soll ein Zeigefinger zum Himmel sein.» Was aber sei in Ennetbaden vorgesehen? «Eine abgeschlagene Hand.» Einige Gleichgesinnte nickten stumm. Aber eine heftige Diskussion gab es nicht mehr. Wohl auch, weil der Bau (3 Millionen Franken) ohne Erhöhung der Kirchensteuer finanziert werden konnte. Den Skeptikern, die stumm geblieben waren und nur im privaten Kreis über die neue Kirche lästerten («Betonklotz», «Obstharasse»), rief das katholische «Aargauer Volksblatt» immerhin noch zu: «Jene, welche modernen Kirchenbaustil um des Friedens Willen erdulden, bringen ein ausserordentlich schweres Opfer.» Der Herrgott werde es aber vergelten: «Auf dem guten Willen aller wird sicher der Segen Gottes ruhen.»
Schwierige Topografie führt zu Verzögerungen
Die Bauarbeiten standen dann freilich nicht nur unter einem glücklichen Stern. Die Topografie erwies sich tatsächlich als schwierig. Als man im April 1963 mit den Aushubarbeiten begann, drohte der Hang abzurutschen. Er musste massiver und damit auch teurer befestigt werden. Der Bauplan geriet in Rückstand. Immerhin war im Oktober 1964 der Glockenturm fertig betoniert. Weil zu diesem Zeitpunkt aber die Westmauer erst in Angriff genommen und darin der Grundstein eingemauert wurde, ergab sich die seltsame Situation, dass bei der neuen Ennetbadener Kirche Grundsteinlegung und Glockenweihe gleichzeitig stattfanden: am 25. Oktober 1964. Einem alten Brauch folgend wurden die Glocken eine Woche später von der Ennetbadener Schuljugend in den Glockenturm gezogen.
Am 12. August 1965 – mit einem Jahr Rückstand auf den Bauplan – wurde schliesslich «in schlichtem Rahmen» Aufrichte gefeiert. Die Diskussionen um die Architektur verstummten zwar auch nach Baubeginn nicht. Aber dass die Ennetbadener dem Glockenturm mit seinem Einschnitt dann den Übernamen «Briefkasten Gottes» gaben, hatte doch schon eher wieder etwas Heiteres denn etwas Galliges. Und nachdem die Ennetbadener Katholiken am 14. August 1966 ihr Kirchweihfest gefeiert hatten, konnte der Berichterstatter des «Aargauer Volksblatts» zufrieden melden, der ganze Sonntag gehe als «ein Weiheerlebnis für Klerus und Volk» in die Dorfgeschichte ein.
Text: Urs Tremp, Ennetbadener Post
Headerbild: W. Nefflen
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