Rebberg Ennetbaden #513

Rebberg Ennetbaden Landschaft, Natur und Umwelt, Kultur und Freizeit, Therme und Sport 5408 Ennetbaden

Der Rebbau gehörte schon immer zu Ennetbaden. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts standen die Rebstöcke gar bis an den Lägernnordhang. Der Begriff «Goldwand» ist heute die geläufige Bezeichnung für die Ennetbadener Rebhänge – das, weil sie mit ihrer klimatisch bevorzugten Lage und günstigen topographischen Verhältnissen optimale Voraussetzungen für den Rebbau schafft. Bis heute ist die Gemeinde Ennetbaden stark geprägt durch den Rebbau und die gelebte Weinkultur. Dabei spielt auch das Engagement moderner Winzerfamilien eine wichtige Rolle.

Den Rebbau am sonnigen Hang über der Limmat hätte man allzu gerne den römischen Legionären zugeschrieben, die den Weinbau ohne Zweifel kannten. Cäsar beispielsweise soll seinen Soldaten befohlen haben, täglich eine bestimmte Menge Wein zu trinken, um in den weit vom zivilisierten Rom entfernten Ländern gegen Krankheiten wie Typhus, Paratyphus, Ruhr und Cholera geschützt zu sein.

Leider aber fehlen Hinweise auf den römischen Rebbau am Geissberg. Auch der Historiker Christophe Seiler vermag in seinem Beitrag zur Ennetbadener Geschichte zum Beginn des Rebbaus nichts Genaues auszusagen. Er dürfte allerdings um Jahrhunderte weiter zurückliegen als es die ersten schriftlichen Quellen dokumentieren. In einem habsburgischen Pfandrodel von 1281 stösst Christophe Seiler auf fünf Rebleute von Baden. 1317 bewilligte Herzog Leopold den Badener Bürgern den Anbau von Weinreben; und weil er den Weinbau begünstigte, waren der Lägernhang und der Geissberg bald einmal mit Rebkulturen bedeckt.

Um die Mitte des 14. Jahrhunderts soll Königin Agnes der Stadt Baden das Agnesenspital mit Ländereien und Rebbesitz an der Goldwand gestiftet haben. In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts wurden mehrere Weinberge am Geissberg dem Spital vergabt. Aus verschiedenen Urkunden geht hervor, dass zu jener Zeit bereits ein grosser Teil des Geissberges mit Reben bepflanzt war.

Der Begriff Goldwand, heute geläufige Bezeichnung für die Ennetbadener Rebhänge, steht nicht mit Goldvorkommen oder Goldfunden in Zusammenhang, sondern mit der klimatisch bevorzugten Lage. Die steilen und relativ windgeschützten Abhänge um den Geissberg gehören weit herum zu den wärmsten und sonnigsten. Zusammen mit den günstigen topographischen Verhältnissen und der speziellen Bodenbeschaffenheit (Jurakalkböden, Moränenmaterial) ergeben sich gute Voraussetzungen für den Rebbau. Die Weinberge reichten hinauf bis zum Waldrand und in die Nähe des Höhtals, und aus alten Kartendarstellungen geht hervor, dass man auch am Nordabhang der Lägern auf verschiedenen Landstücken Reben zog. 

Das Rebgebiet vergrösserte sich im Laufe der Zeit auf über 100 Hektaren. Bis ins 19. Jahrhundert bildeten die Rebberge die Haupterwerbsquelle der Ennetbadener Bevölkerung. Im Dorf und an den Rebhängen zählte man vier öffentliche und sieben private Trotten. Die wichtigsten waren die Goldwand- oder Oederlintrotte, die Spital- oder Ortsbürgertrotte, die Sandtrotte, die Bädertrotte und die Höhtaltrotte. Heute ist während der Erntezeit nur noch die 1964 nach einem Brand wiederaufgebaute und 1998 mit einem modernen Annexbau versehene Spitaltrotte in Betrieb. Die Goldwandtrotte mit der weit herum ältesten und grössten hölzernen Weinpresse (eingeritzt ins Eichenholz ist die Jahrzahl 1688) wurde nach 1975 nicht mehr eingesetzt. Der Trottbaum ist heute unter Schutz gestellt.

Weinschenken, Badegasthöfe und Weingeniesser weit über unsere Region hinaus waren Abnehmer der einheimischen Weine. Andreas Steigmeier schreibt in einem Beitrag zur Geschichte Ennetbadens, dass die Gemeinde ein knappes Dutzend «Eigengewächswirtschaften» und private Pintschenken zählte, wo die einheimischen Rebbauern ihren Wein feilbieten konnten.

1882 machten die Reben immer noch 60 Hektaren oder fast einen Drittel des Ennetbadener Gemeindebanns aus. In der Ennetbadener Geschichte wird beschrieben, wie im 20. Jahrhundert dann die Reblaus den Rebbauern Sorge bereitete. Nach 1905 richtete sie in Ennetbaden die ersten Schäden an. 1921 befiel sie unsere Rebberge in grösserem Ausmass. Betroffen waren 42 Rebgrundstücke von rund drei Dutzend Besitzern, besonders am Äusseren Berg und in den Rütenen. Auf vielen Grundstücken soll die Hälfte aller Stöcke oder sogar der ganze Bestand befallen worden sein. Viel Land wurde zu Wiesland, viel Land vergandete.

Dass mancher Rebbauer seinen zerstörten Rebberg als Bauland zur Verfügung stellte, ist verständlich. Umso mehr, als die unteren Gemeindeareale weitgehend überbaut waren und die Nachfrage nach Bauland in den oberen Lagen zunahm. Mit fortschreitender Industrialisierung suchten viele Rebbauern und Landwirte eine andere Beschäftigung. 1928 war in Ennetbaden die Rebfläche auf noch 18 Hektaren Reben geschrumpft, 1992 blieben noch 8,5 Hektaren übrig. Dadurch, dass billige Weine aus dem Ausland unsern Rebbauern das Leben zusätzlich schwer gemacht hatten, war die Krise im Rebbau noch verstärkt worden. Heute sind es immerhin wieder 9,5 Hektaren.

Auf einem Spaziergang im oberen Gemeindeabschnitt erlebt man eindrücklich, wie überall an bevorzugter Lage ehemalige Rebberge Überbauungen weichen mussten. 

Immerhin erreichte man 1964 durch einen Gemeindebeschluss, dass die Rebflächen rund um die Spitaltrotte (bekannt sind die Flurnamen «Obere Spitalreben», «Untere Spitalreben», «Innere Spitalreben») in die Grünzone umgeteilt und damit erhalten werden konnten.

Die steilen Rebhänge waren immer erosionsgefährdet. Nach heftigen Niederschlägen und Gewittern musste die herunter geschwemmte Erde immer wieder hinaufgetragen werden. Nach Mitte der Dreissigerjahre wurde die Sanierung der Rebberge in die Hand genommen. Um den Wasserhaushalt zu kontrollieren, wurden Schwemmtreppen erstellt. Zur gleichen Zeit entstanden im Rebgelände Strassen und Stützmauern. Weitere Verbesserungen waren Ende der Fünfzigerjahre mit einer Neueinteilung der Rebparzellen verbunden.

Nach 1970 wurden viele der Ennetbadener Rebberge terrassiert, die Rebstöcke wurden in waagrechten statt wie bisher in senkrechten Reihen angelegt. In rund elf Jahren wurde beinahe die ganze Goldwand neu bepflanzt. Neben ökonomischen Vorteilen brachte die Terrassierung auch ökologische. Die Vielfalt an Pflanzen und Tieren hat dadurch wesentlich zugenommen.

Heute teilen sich einige Privatbesitzer, die Badener Ortsbürger und einheimische Rebbauernfamilien das Eigentum der Reben. Die Ortsbürgergemeinde Baden führt den Rebbetrieb, der den Goldwändler (Wein der Stadt Baden) produziert. Die in den Fünfzigerjahren gegründete Weinbaugenossenschaft Ennetbaden löste sich in den Achtzigerjahren auf. Zwischen 1973 und 1988 erwarb die Gemeinde etwa 125 Aren Rebland, heute sind es noch rund 90 Aren.

Ennetbadener Weinbau heute

Während früher die Eigentümer die Reben zum grossen Teil selbst bewirtschafteten, liegt die Verantwortung heute bei ausgewiesenen Weinbaufachleuten. Seit den späten 1960er-Jahren wird der Ennetbadener Rebbau in erster Linie durch die Familie von Bruno Wetzel geprägt. Bruno Wetzel und seinen Söhnen verdanken wir viele wichtige Neuerungen im Rebbau und in der Weinbereitung.

Die Familie Wetzel stammt ursprünglich aus dem Elsass und wurde im 17. Jahrhundert höchstwahrscheinlich ausdrücklich für den Weinbau nach Baden geholt. Die Elsässer Weinbauern galten damals als Produzenten der edelsten Weine. Man erhoffte sich von ihnen also die Verfeinerung der eher herben hiesigen Gewächse – als Konkurrenzvorteil für den Kurort Baden. Verbürgt ist, dass die Wetzels im 17. Jahrhundert ins Bürgerrecht der Stadt Baden aufgenommen wurden und dann während Generationen den Rebbau in Ennetbaden prägten. Die heute tätige Familie Wetzel geht auf Emil Wetzel zurück, der 1860 geboren wurde und in Ennetbaden ein Weingut bewirtschaftete.

Die Weinbauern, die heute die Ennetbadener Reben bewirtschaften, haben in den letzten Jahren vor allem auf die gestiegenen Qualitätsansprüche der Konsumenten reagiert. In den 1990er-Jahren sind dem Trend entsprechend neue Sorten gepflanzt worden. Heute besteht das Rebareal aus 590 Aren Blauburgunder (Jahresproduktion 30’000 Liter), 30 Aren Malbec (1’500 Liter), 11 Aren Merlot (500 Liter), 7 Aren Diolinoir (400 Liter), 64 Aren Riesling Sylvaner (4’200 Liter) und 54 Aren Chardonnay (2’700 Liter). 32 Aren Cal 1-28 (1’600 Liter), 30 Aren Sauvignon blanc (1’500 Liter), 14 Aren Cabernet Dorsa (700 Liter ), 9 Aren Cabernet Jura (500 Liter). Die Weintypen «Federweiss» (Weisswein), Œil de Perdrix (Rosé), Goldwand Pinot Noir (Rotweine mit Tankausbau, im grossen Eichenfass, Barriquekelterung und Grand Cru) sowie Cuvée Optimius aus Malbec und Cabernet weisen darauf hin, dass sich auch die Weinbereitung ganz wesentlich verändert hat.

Ennetbaden ist nach wie vor sehr stark durch den Rebbau geprägt und die Weinkultur hat in unserer Gemeinde dank der Initiative moderner Winzerfamilien einen hohen Stellenwert.

Text: Urs Tremp, Ennetbadener Post

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